Frauen im Schießsport: Wie Amelie Eichinger-Noll und Samantha Wendel den Markt beeinflussen
17.02.2025 Action Sport Schießsport Interview

Frauen im Schießsport: Wie Amelie Eichinger-Noll und Samantha Wendel den Markt beeinflussen

Jung, erfolgreich und zielsicher: Schießtrainerin Amelie Eichinger-Noll, bekannt als Amy9x19, und IPSC-Athletin Samantha Wendel (Sammy) gehören zu den bekanntesten Frauen in der Waffen Branche. Mit ihrer Expertise und starken Online-Präsenz verändern sie das Bild von Frauen im Schießsport und beeinflussen die Entwicklung von Waffen, Bekleidung und Beratungskonzepten. In den sozialen Medien erreichen sie ein großes Publikum, doch als Influencerinnen sehen sie sich nicht. Ihr Ziel ist es, Männer und Frauen für den Schießsport zu begeistern, Missverständnisse abzubauen und eine fundierte, praxisnahe Beratung in der Branche zu etablieren.

Schießausbilderin Amelie Eichinger Noll auf dem Schießstand mit einem Sturmgewehr Frauen auf dem Schießstand: Neuer Schwung für die Schießsportbranche

Zwischen Marketing und echtem Mehrwert

„Wir wollen positiv wirken, als Vorbilder vorangehen und einen guten Zugang zum Schießen schaffen“, sagt Amy Eichinger-Noll. Gerade für Frauen, die neu einsteigen, sind authentische Inhalte entscheidend. Die Community reagiert positiv: „Ich bekomme oft Nachrichten, dass Frauen durch unseren Auftritt den Mut finden, mit dem Sport zu beginnen. Das ist das schönste Kompliment.“

Samantha Wendel geht über den Endverbraucher hinaus. Sie tauscht sich direkt mit Händlern aus: „Ich erkläre oft in Geschäften, dass Frauen keine kleineren oder leichteren Pistolen brauchen, sondern eine richtige Passform. Eine Frau kann dieselbe Sportpistole wie ein Mann schießen – vielleicht mit einem Tag mehr Training, aber sie wird damit glücklicher sein.“


Warum kleine, leichte Waffen für Frauen oft ungeeignet sind

Viele glauben, Frauen kämen mit kleinen, leichten Waffen besser zurecht. Doch oft trifft das Gegenteil zu. Leichte Waffen absorbieren den Rückstoß schlechter, was sie schwerer kontrollierbar macht und den Schützen den Rückstoß stärker spüren lässt. „Frauen wählen oft instinktiv eine kleinere Pistole, weil sie handlicher wirkt. Doch schon beim ersten Schuss merken sie, dass der Rückstoß unangenehmer ist und die Waffe schwerer ruhig bleibt“, sagt Sammy Wendel. Kleine Griffe erschweren zudem einen stabilen Halt, was die Kontrolle weiter mindert. Besser geeignet ist eine gut ausbalancierte Waffe mit ergonomischem Griff, der die Hand optimal stützt.


Amy9x19: erste hauptberufliche Schießtrainerin

Amy Eichinger-Noll ist hauptberuflich Schießtrainerin am zivilen Sektor des Verteidigungsschießens und unterrichtet im deutschsprachigen Raum. Mit ihrer Familie gründete sie „EICHENWERK“, eine Plattform für hochwertige Ausbildungen und Produkte für die Sparten Schießsport (Verteidigungsschießen, IPSC), erweiterte erste Hilfe, sowie Outdoor- und Survival. Ursprünglich gelernte Floristin, entdeckte sie ihre Leidenschaft für den Schießsport bereits in ihrer Jugend durch ihre Eltern. Ihr Vater ist aktives Mitglied bei der Spezialeinheit des Österreichischen Bundesheeres und auch ihre Mutter begeisterte Schützin.  Durch Fortbildung und Förderung durch ihren Vater absolvierte sie eine Schießtrainerausbildung und machte die Passion zu ihrem Beruf.  

IPSC-Schützin Samantha Wendel schaut auf dem Schießstand in die Kamera. Teil des österreichischen IPSC-Nationalteams: Sammy nimmt ihre Anhänger zu Wettkämpfen auf der ganzen Welt mit.

Sammy: vom Bogenschießen zur IPSC-Athletin 

Sammy Wendel begann im Bogenschießen und war im Landeskader, bevor sie aus gesundheitlichen Gründen zum dynamischen Pistolenschießen (IPSC) wechselte. Sie arbeitet bei „Jagd & Sport“, Österreichs größtem Großhändler für Schießsportausrüstung, und ist aktive Wettkampfschützin. Ihr akademischer Hintergrund liegt in der Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Marketing. Gebürtig aus Deutschland, lebt und trainiert sie in Österreich und tritt für das österreichische Nationalteam im IPSC-Schießen an. Gemeinsam mit ihrem Verlobten, ebenfalls im Nationalteam, reist sie zu internationalen Wettkämpfen.

 

Shooting products for women: from "Pink it and shrink it" to sophisticated solutions

Lange setzten Hersteller auf „Pink it and shrink it“, wenn es um Ausrüstung für Frauen ging: kleine, leichte Waffen mit femininen Designelementen. Doch diese Strategie verfehlt oft die Bedürfnisse.

„Viele Frauen kaufen zunächst kleinere Waffen, landen dann aber bei den Sportpistolen ihrer Männer“, erklärt Sammy Wendel. Die CZ Shadow 2 Compact ist ein positives Beispiel: „Das Modell bietet die Balance und Performance einer vollwertigen Sportpistole, hat aber ergonomische Anpassungen für kleinere Hände.“

Ein entscheidender Faktor bei der Entwicklung war der neunfache IPSC-Weltmeister Eric Grauffel, der eng mit CZ zusammenarbeitet. „Grauffel bezog seine Frau ein, um eine Waffe zu schaffen, die auch für kleinere Hände optimal funktioniert, ohne Kompromisse bei der Performance einzugehen“, erläutert Wendel. Dieses Vorgehen zeigt, dass ernsthaftes Feedback von Schützinnen in die Produktentwicklung einfließt.

 

Auch bei der Bekleidung gab es lange Defizite. Die Branche sei aber auf dem richtigen Weg. Amy Eichinger-Noll erinnert sich: „Vor zwei, drei Jahren waren Frauen-Schießhosen oft nicht mehr als Leggings ohne Gürtelschlaufen. Funktionale, gut sitzende Kleidung war Mangelware. Das bessert sich inzwischen.“ Dennoch sehen beide Schieß-Expertinnen Verbesserungspotenzial: „Manche Hersteller orientieren sich an Mode-Trends statt an den Bedürfnissen der Schützinnen. Gerade sind High-Waist-Hosen in – die sind aber nicht praktikabel, denn der Schießgürtel sitzt auf der Hüfte“, so Wendel. Da seien Low-Waist-Hosen einfach besser.

 

Beratung als Schlüsselfaktor für lange Kundenbindung

Neben Produktentwicklungen, die weibliche Bedürfnisse berücksichtigen und dennoch praktisch sind, ist die Beratung entscheidend. „Der einfachste Fehler ist, dass Händler Frauen immer wieder kleinere und leichtere Waffen anbieten“, betont Sammy Wendel. Dabei sei die richtige, fundierte Beratung extrem wichtig. Die kostet zwar Zeit, zahlt sich aber langfristig aus: „Eine falsch gewählte Waffe frustriert und führt oft dazu, dass Frauen den Sport schnell wieder aufgeben. Mit der richtigen Beratung bleiben sie dabei – und werden langfristig Kundinnen.“

Auch die Auswahl der richtigen Markenbotschafter spielt eine Rolle. „Viele Unternehmen setzen eher auf Models, die zwar für Fotos schön posieren, aber keine Ahnung von Waffen haben. Solche „Gun Bunnies“ sorgen eher für ein falsches Bild das von Frauen im Schießsport vermittelt wird, als für Verkaufszahlen“, kritisiert Eichinger-Noll. „Echte Schützinnen wirken hier authentischer und Kennerinnen und Kenner sehen auf den ersten Blick, dass sie mit Waffen umgehen können.“


Frauen im Schießsport gezielt ansprechen

Um mehr Frauen für den Schießsport zu begeistern, setzen beide auf Try-out-Events. „Ein sicheres, angenehmes Umfeld ist der Schlüssel“, sagt Eichinger-Noll. „Hier kann man sich ohne Druck ausprobieren und Fragen stellen.“ Wendel geht noch einen Schritt weiter: „Händler und Vereine sollten sich in die Perspektive von Frauen hineinversetzen und ihre Beratung entsprechend anpassen.“ 
Ein weiteres Thema ist der Umgang mit Jugendlichen. Hier ist es wichtig, dass Sicherheit an erster Stelle steht. „Jugendliche lernen oft schneller als Erwachsene. Wer früh mit dem sicheren Umgang vertraut gemacht wird, behält dieses Wissen ein Leben lang“, erklärt Wendel. Für beide Schützinnen ist Schießsport etwas für die ganze Familie – beide sind so zu ihrem Sport gekommen.


Authentizität durch echte Fachfrauen zahlt sich aus 

Die Jagd- und Schießsport-Branche wandelt sich. Frauen werden als Zielgruppe ernster genommen, Produkte verbessern sich, und die Beratung wird professioneller. Dennoch gibt es Optimierungsbedarf – insbesondere im Marketing und im Handel. 
Unternehmen, die auf echte Fachfrauen statt auf oberflächliches Influencer-Marketing setzen, profitieren langfristig. Eichinger-Noll bringt es auf den Punkt: „Es geht nicht um schnelle Klicks, sondern um fundierte Inhalte, die Vertrauen und Kaufentscheidungen beeinflussen.“

 

 

 

 

Autor

Thomas Horsmann

Thomas Horsmann

Freier Journalist